Montag, 8. Juni 2009

Geschwisterfrage

Jaja, jetzt komm ich mal mit einem schwierigen Thema. Meine Eltern könnten es sich eigentlich ganz gut vorstellen ein Geschwisterchen für mich zu machen. Jetzt bin ich halt der Erstgeborene mit einer Behinderung und das belastet meine Mama für eine weitere Schwangerschaft sehr. Sie hätte es um einiges leichter gefunden, wenn ich nicht der Erste gewesen wäre, sondern schon ein Geschwisterchen da gewesen wäre. Aber das kann man jetzt nicht mehr ändern. Ich bin schließlich da!
Nichtsdestotrotz hat sie ganz schön Bammel vor einer weiteren Schwangerschaft. Mit mir war es eine Bilderbuchschwangerschaft und trotzdem hat da schlußendlich etwas nicht gestimmt. Klar meine Eltern haben sich aufgrund meiner Translokation untersuchen lassen und sie sind keine Träger einer balancierten Translokation (also nicht vererbt), aber trotzdem steigt das Risiko für chromosomale Abweichungen, wenn das erste Kind ein Downie ist, bei einer zweiten Schwangerschaft um etwa 1% an (weil man Abweichungen bei der Entstehung meiner Eltern in deren Eierstöcke/Hoden nicht ausschließen kann) und das ist ganz schön viel! Also nicht mehr 1:500 bei 32-jährigen, sondern 1:100.

Also was tun? Standardmäßig eine Fruchtwasseruntersuchung durchführen, dass man weiß, was auf einen zukommt und nicht im Kreißsaal überrascht wird? Was macht man aber, wenn man tatsächlich nochmal ein besonderes Kind bekommen sollte? Wegmachen-weil ein zweites belastet die ganze Familie nochmal mehr? Oder austragen-weil man nach den Erfahrungen mit mir nicht das Lebensrecht des Ungeborenen absprechen kann- aber wer weiß, ob das Ungeborene nicht stärker eingeschränkt sein wird als ich?
Und: trotz aller Untersuchungen hat man auch bei einem zweiten Kind keine Garantie auf ein gesundes Kind- wie behält man dann in einer Schwangerschaft, wenn man weiß, was alles "schief laufen" kann, die Nerven?

Wenn meine Mama nur so cool sein könnte, dass sie das alles locker angeht. Kann sie aber nicht. Und ich fände ein Geschwisterchen eigentlich ganz toll. Bin gespannt, wie ihr dazu steht!

9 Kommentare:

  1. irgendwie klingt es etwas befremdlich, wenn das aus der sicht von benjamin geschrieben wird... auf mich wirkt es komisch, ihm diese worte in den mund zu legen.

    ich möchte euch kraft und mut für die richtige entscheidung wünschen - ich als noch-nicht-mama stelle es mir schön vor, wenn benjamin geschwister bekommt und wenn ihr diese auch annehmen könnt, egal wie "besonders" sie sind... einen anderen weg zu gehen scheint mir schwer mit eurem großen zu vereinbaren. (auch wenn er es nie erfährt, eher für euer gefühl.)
    hm, aber das ist leicht, sehr leicht geschrieben von jemandem, der noch keine kinder hat, erfahrene eltern können euch da sicher mehr helfen.

    ich kann nur von einer befreundeten familie erzählen, die ein "besonderes" kind hat und mehrere "normale", und die kinder sind alle großartig und gehen toll miteinander um. für jedes einzelne sind die geschwister eine bereicherung und sie lernen sooo viel voneinander. auch wenn es sicher nicht immer einfach ist.

    also, weiterhin alles gute!

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  2. Liebe Bettina,
    ich kann Dich sehr gut verstehen und nachvollziehen, was in Deinem Kopf vor sich geht. Auch ich hatte ein Traumschwangerschaft mit Mia, und wir sind ja quasi aus allen Wolken gefallen. Unser Weg war ja nun noch einmal an anderer, und ich kenne mittlerweile erschreckend viele Menschen, die ein Kind verloren oder sogar zwei Kinder beerdigen mussten.

    Das macht Angst, wenn man diese Dinge auf einmal sieht, von denen man zwar vorher gewußt hat, aber EINEN SELBST TRIFFT ES JA NICHT. Nun ja, das ist das Leben, und es geht ja auch in vielen Fällen gut... ABER, hat man einmal in den Abgrund geschaut, sind die Ängste permanent da.

    Ich kenne auch viele Menschen, die nun eine weitere Schwangerschaft "angehen", auch wenn in der ersten ein besonderes Kind herauskam, oder eben das Kind nicht lange bleiben konnte. Ich glaube, dass man nicht zuviel darüber nachdenken darf, denn lenken kann man die Geschehnisse nicht. Wenn ihr gerne ein zweites Kind wollt, dann bleibt Euch ja auch nichts anderes übrig, als es auszuprobieren ;-) Pränataldiagnostik? Meine Meinung: Dann muss ich auch vorher wissen, wie ich mit einem Ergebnis umgehe, dass ich vielleicht nicht gerne hören möchte. Bei einer Amnio hätte ich zuviel Angst vor dem Fehlgeburtrisiko. Es gibt sowieso schon viel zu viele Fehlgeburten.

    Ich glaube, Kinder zu bekommen, beinhaltet immer ein gewisses Risiko. Das können aber auch nur Menschen verstehen, bei denen eben nicht alles so gelaufen ist, wie man es sich vorher einmal vorgestellt hat. Ich für meinen Teil habe noch lange nicht wieder den Mut und die Kraft dazu. Jetzt habe ich schon viel mehr geschrieben, als ich eigentlich wollte, denn ich wollte Dir dazu eigentlich eine email schreiben. Nun denn, die email kommt trotzdem die Tage noch. Du hast da nämlich eine schwierige, aber auch wichtige Frage in den Raum gestellt.

    Alles Liebe,
    Claudia

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  3. Hallo Bettina,
    für den Benjamin wäre es bestimmt sehr gut noch ein Geschwisterchen zu haben. Ich kann deine Angst sehr gut verstehen! Die hätte ich nach meiner Tochter auch viele Jahre gehabt - wegen ihrem Herzfehler. Nach so langer Zeit war diese Angst nicht mehr so akut. Deshalb bin ich auch so glücklich das mein Joshua ganz gesund ist ;-)
    Eine Garantie hat man nie. Es können so viele schlimmere Dinge passieren, bei der Geburt oder erst Jahre später. Wir mußten das zum Glück noch nich erleben. Ein Risiko hat jeder der Kinder bekommt. Wenn ihr noch ein Kind wollt dann wartet am besten nicht zu lange, weil in dem Fall wohl ehr Angst und Risiko mit den Jahren steigen. Der Rat einer "älteren Mutter" ;-) !
    Euer Benjamin ist ein toller Junge genau wie mein Joshua und sie werden uns noch viel Freude im Leben bereiten!!!
    Liebe Grüße
    Christine

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  4. Hallo Bettina,

    wir stehen vor der gleichen Frage wie ihr - noch ein zweites Kind? Und wir haben eine Antwort gefunden - ja!
    Wir hatten bei Luna durch ein Ersttrimesterscreening erfahren, dass das Risiko für DS bei 1:15 liegt. Man wollte uns unbedingt überzeugen eine Fruchtwasseruntersuchung machen zu lassen, aber wir haben abgelehnt, da uns das Risiko für eine Fehlgeburt viel zu hoch war (eine Freundin von mir hatte dadurch ihr Kind verloren) - und wir hatten für uns klar gehabt, das wir Luna in jedem Fall haben möchten. Die Pränataldiagnostik haben wir dafür genutzt, zu klären, ob es nach der Geburt evtl. besondere Maßnahmen gibt, die auf Grund einer körperlichen Erkrankung ergriffen werden müssen.
    Mir war auch immer klar, dass ich nicht damit leben könnte ein Kind abzutreiben, ich glaube das hätte mein Leben zerstört. Außerdem haben wir uns gesagt, dass das Leben immer ein Risiko birgt. Es kann im Leben immer etwas passieren...
    Trotzdem habe ich natürlich Angst davor, dass das nächste Kind krank oder behindert sein könnte. Ich denke das gehört dazu.
    Wenn ich mir Luna ansehe, dann sehe ich das größte Geschenk meines Lebens vor mir. Und daher denke ich auch ein zweites Kind mit einer Besonderheit würde ich genauso lieben und wir würden auch das hinkriegen.
    Die Entscheidung wie ihr damit umgeht, müsst ihr letztendlich selbst treffen. Vielleicht ist es manchmal am besten, einfach "dem Leben" zu vertrauen. Kontrollieren kann man den Lauf der Dinge nicht. Bzw. hat alles auch seinen Preis (z.B: Risiko Fehlgeburt).

    Liebe Grüße
    Annett

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  5. Oh, die Gedanken kennen wir. Haben es jetzt aber ja schon hinter uns ;-)

    Ich kann nur sagen, dass ich mri vor Taminos SChwangerschaft immer viele Gedanken gemacht habe. Als ich dann aber endlich schwanger war, gar nicht mehr. Klar, kurz vielleicht mal, aber irgendwie war da kaum Zeit. Dann hatte ich ja noch die Ringelröteln in der SS, da war ich froh, dass wir das alles gut überstanden hatten. Erst kurz vor der Geburt bzw. im Kreissaal, war dann die Aufregung schon enorm, ob auch wirklich alles ok ist.

    Traut euch, es wird euch und auch Benjamin sehr gut tun. Wenn ich
    Samira und Tamino zusammen sehe, wie sie miteinander umgehen, könnte es echt nicht besser laufen. Es ist herrlich!

    LG Yvonne

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  6. lieber Ben, genau so ging es mir, ich konnte mir kein zweites kind mit aufwändigen therapien etc vorstellen. der zweite war dann kernngesund. ist aber ziemlich hyperaktiv und ultra-anstrengend. es gibt einfach KEINE garantie für ein sorgenloses leben mit kindern.
    fitte kinder fallen in einen teich und sind dann wirklich behindert, gesunde kinder bekommen mit zwei leukämie, zunächst unauffälige kids stehen plötzlich auf panzer, hitler und gewehre und so vieles mehr kenne ich aus meinem bekanntenkreis. oder die mama von fünf gesunden kindern ist plötzlich gestorben.
    leben ist immer lebensgefährlich. also nur mut, das herz (mit)entscheiden lassen, die wahrscheinlichkeit zwei downies zu bekommen ist super-gering! (sorry für die drastischen sätze, fast 50 jahre lebenserfahrung in vielen ländern ergeben eine gewisse weitsicht.)

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  7. Liebe Bettina,

    ich schreibe mal als "Nichtbetroffene". Ihr müsst doch nicht jetzt schon die Geschwisterfrage definitiv entscheiden - genießt euren Ersten! Je nach Verlauf der Schwangerschaft und der ersten Wochen mit dem Geschwisterbaby kommt das Erstgeborene oft zu kurz. Im Nachhinein bin ich über die drei Jahre Abstand bei meinen Kindern ganz froh. Manche Entschlüsse können im Laufe der Zeit noch reifen, vielleicht seid ihr euch in zwei Jahren recht sicher, was ihr wollt. Und mit Mitte Dreißig lässt es sich noch recht gut Kinder kriegen (habe ich selbst ausprobiert...);-)).

    Herzliche Grüße sendet

    Silvia

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  8. Irgendwie bin ich mal auf Euren Blog geraten und heute kommentiere ich sogar mal, obwohl wir uns gar nicht kennen...
    Ich kann Eure Gedanken sehr gut nachvollziehen, denn unser zweites Kind hat nur eine Lippen-Kiefer-Spalte und trotzdem war ich in der dritten Schwangerschaft zu allen Ultraschallterminen extrem nervös. Trotzdem sind Geschwister das Tollste, was man einem Kind schenken kann!!! Es haben schon einige vor mir geschrieben, daß es im Leben keine Garantien gibt, weder in der Schwangerschaft noch danach, ein Risiko geht man immer ein, jeden Tag aufs Neue. Ich möchte Euch aber noch erzählen, daß wir im Freundeskreis vier Familien haben mit besonderen Kinder (einmal Down Syndrom, dreimal geistige Behinderung ohne exakte Diagnose), die jeweils sehr große Entwicklungsfortschritte gemacht haben als die jüngeren Geschwister sie sozusagen "mitrissen". Alle Familien betonen wie wichtig die jüngeren Geschwister für ihre besonderen Kinder waren!!! Die eine Familie hat in der nächsten Schwangerschaft wieder eine Statistik gesprengt, denn Nr. 4 hat Down Sydrom und statt einer Nummer 5 kamen gleich Zwillinge... - sozusagen doppeltes Glück. Große Familien können gerade für besondere Kinder neue Möglichkeiten bringen, wobei natürlich die Eltern dann alle Hände voll zu tun haben, das ist keine Frage.
    Einen optimalen Abstand gibt es nicht, wir haben in knapp vier Jahren drei Kinder (jetzt 7,6 und knapp 4)bekommen und finden es toll, daß sie so gut zusammen passen, sich sehr lieben und gleiche Interessen haben, andere Familien möchten lieber etwas mehr Abstand.
    Wir gehören zu den Paaren, die eine Amniozentese trotz "hohen" Alters konsequent abgelehnt haben, da wir nicht bereit wären, eine Schwangerschaft zu beenden. Wir haben einen sehr ausführlichen 3-D-Ultraschall machen lassen, um gerade nach den Erfahrungen mit unserem Sohn (der nicht nur Spaltkind ist, sondern gleich mit Sepsis beatmet auf einer Neonatologie landete) vorbereitet zu sein und die Entbindungsklinik entsprechend zu wählen. Wissen ja, Abtreibung nein, das war unsere ganz persönliches Einstellung.
    Nur Mut!!!

    GLG, Karen (die5wawuschels ät web.de), die keinen Blog hat...

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  9. Hallo alle miteinander,
    vielen Dank für die vielen Rückmeldungen zu dem schwierigen Thema. Wir haben uns über jede einzelne gefreut.
    Liebe Grüße
    Benjamin und Eltern

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